Reich der Verluste - Roman by Insel Verlag

Reich der Verluste - Roman by Insel Verlag

Autor:Insel Verlag
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Insel Verlag
veröffentlicht: 2013-01-23T05:00:00+00:00


28. Juli

Meine liebe Frau Magda.

Leider hab ich den Brief erst gestern abholen können, am Abend davor waren der Lukas und ich ausnahmsweise einmal wo eingeladen, zum Grillen, im Garten von einem Kollegen aus seiner Werkstatt. Einmal jeden Sommer ist dieses Grillfest, und ich muß natürlich immer mitgehen, weil alle Ehefrauen mitkommen. Nur mag ich diese halbverbrannten Würstel und Fleischbrocken eigentlich nicht, und alle trinken so viel Bier und so rasch, daß sie schnell betrunken sind, auch die Frauen, und dann lachen sie so laut, mit hoher Stimme, mir tun die Ohren weh dabei. Manchmal haut einem ein Kind den Ball auf den Schädel und entschuldigt sich nicht einmal. Also, ich hab keine große Freude an so einem Grillfest, außerdem liegt der Garten von dem Kollegen neben der Autobahn, nur Gestrüpp und eine Holzwand dazwischen, das dröhnt die ganze Zeit so, daß man sein Wort nicht versteht, nur das Gelächter, wenn sie besoffen sind, ist noch lauter. Der Griller hat außerdem sehr gequalmt, mir war nachher fast schlecht, weil ich so viel Rauch eingeatmet hab. Aber ich hab dem Lukas nichts gesagt, er ist so stolz darauf, wenn er mich wohin ausführen kann. Ausführen nennt er das, wenn ich mal rauskomme aus dem Haus und aus der Wohnung, zwar klingt das so, als wäre ich ein Hunderl, aber ich weiß, er meint es gut. Also hab ich gesagt: das war ein netter Abend, bevor ich todmüd eingeschlafen bin. Jetzt sitze ich friedlich am Küchentisch, ich trinke den kalten Kaffee, der vom Frühstück übergeblieben ist, es ist heiß draußen, kaum einer geht in der Nachmittagssonne am Fenster vorbei, die Straße ist wie ausgestorben. Bin ich froh, Frau Magda, daß Sie zurückkommen wollen! Ihre Wohnung ist gut im Schuß, glauben Sie mir, alle Pflanzen sind gewachsen, keine ist eingegangen, und alles blitzt und blinkt, Sie würden Ihre Freude haben. Sogar ich hab immer eine Freude, wenn ich in Ihrer Wohnung putze, weil die so hübsch ist. Ich hab den Lukas gefragt, wo die Fliegengasse ist, und er hat am Stadtplan nachgeschaut, ich würde dort gern mal hinschauen. Wo Sie so glücklich waren über Ihre zwei Kabinette und das eigene Bad. Aber natürlich habe ich mir beim Lesen gleich gedacht: wenn der solche Augen hat wie zwei Quellen, dieser Michael, na, ob da nicht was passiert! Dann haben Sie ihn andererseits so beschrieben, als wäre er ein eher ekelhafter Bursche. Zum Schluß aber hab ich wiederum recht bekommen, daß Sie sich also in ihn verliebt haben. Ich bin sehr neugierig, können Sie sich vorstellen. Wie es weitergegangen ist und ob das was Gutes geworden ist für Sie, zumindest eine Zeitlang. Es ist nicht so einfach, sich in einen Menschen zu verlieben, der einen gern ausspottet und sagt, man wäre eine Schreckschraube. Ich weiß nicht, liebe Frau Magda, ob ich da nicht rasch davongelaufen wäre, weit weg, wenn mir das klar geworden wäre. Aber Sie haben ja die Zimmer gebraucht und gern dort gewohnt. Also, ich höre jetzt lieber auf zu spintisieren und warte auf das, was Sie erzählen werden.



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